Rollen in Gruppen – das rangdynamische Positionsmodell nach Raoul Schindler

2. August 2017 Alexander Wörlsinger Führung, Gruppendynamik, Team Schlagwörter: , ,

In Führungskräftetrainings oder –coachings werde ich häufig mit dem Wunsch konfrontiert, Teams in Bezug auf Gruppendynamik besser verstehen und analysieren zu können. Denn das formelle Organigramm sagt wenig über die wahren Beziehungen im Team aus. Ich greife dabei gerne auf das Modell von Raoul Schindler zurück.

Das Rangdynamische Positionsmodell ist ein Versuch, Orientierung im Gruppengeschehen zu vermitteln. Jede Gruppe bildet parallel zur formellen Struktur (äußerer Rahmen, z.B. Hierarchie) eine innere, informelle Struktur aus. Dabei übernehmen unterschiedliche Personen die verschiedenen Rangpositionen, d. h. sie übernehmen für den Aufbau und den Erhalt der Gruppe sowie für die Erreichung eines gemeinsamen Zieles wichtige Funktionen. Wer gerade welche Position und damit Funktion für die Gruppe übernimmt, wie er sie ausführt und welche Dynamik dadurch entsteht, ist Inhalt dieses Modells.

SCHINDLER bezeichnet diese 4 Rangpositionen mit griechischen Buchstaben:

Alpha-Position
Die offizielle Führungskraft, die das Mandat für die Leitung der Gruppe erhalten hat.

Beta-Position
Inoffizieller Führer aufgrund von Kompetenz und/oder Beliebtheit. Manchmal besonders langjährige Mitarbeiter.

Gamma-Position
Anonymes Gruppenmitglied. Spannungslose Rangposition.
Haltung: Ja, ja … (kooperativ), Ja, aber … (Bedenkenträger),  Ja, wenn … (Verhandler).

Omega-Position
Bildet die negative Identität der Gruppe:
aktive Rollen – Störenfried, Oppositionist, Rivale von Alpha
passive Rollen – schwarzes Schaf, Sündenbock
Omega bildet einen Machtpol.

Wenn gruppendynamische Phänomene nicht berücksichtigt werden, können destruktive Rang- und Führungskämpfe entstehen, insbesondere dann, wenn kein „geborener“ Alpha-Typ die Leitung hat.

Eine erfolgreiche Führungskraft muss mit OMEGA und BETA konstruktiv umgehen können!

Was heißt das?

Die Beta-Position sollte nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung empfunden und dementsprechend behandelt werden. Schließlich leistet Beta einen konstruktiven Beitrag für das Team. Wird Beta bekämpft, kann diese Person zum Omega werden.

Die Omega-Position muss „gemanagt“ werden. Hier ist es wichtig, dass das Team mitbekommt, dass die Leitungsfunktion das destruktive Verhalten oder die negative Einstellung nicht toleriert. Ich empfehle Führungskräften allerdings, sich nicht an Omega abzuarbeiten. Sinnvoller ist es, das Team gegen den schlechten Einfluss dieser Position zu „immunisieren“.

Und ja: natürlich reden wir auch hier von „Schubladendenken“. Jedes Modell ist lediglich eine starke Vereinfachung, um komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen. Wir haben gelernt, niemanden in „Schubladen“ zu stecken. Manchmal macht es dennoch Sinn. Denn Schubladen schaffen Ordnung…